Filmwertung: |
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| 2/10 |
Manchmal kommt es ja vor, dass man in der Videothek um die Ecke einen Film entdeckt und nach dem Ansehen völlig überrascht bzw. enttäuscht darüber ist, dass dieser es nicht in die hiesigen Kinos geschafft hat, so dass man ihn auf der großen Leinwand hätte genießen können. Ein aktuelles Beispiel wäre Takashi Miikes hervorragender Samurai-Streifen „13 Assassins“, der leider Opfer der wenig risikobereiten Verleihpolitik in Deutschland geworden ist. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Filme, deren offensichtlicher Mangel an Qualität kein Hindernis darzustellen scheint für einen landesweiten Kinorelease inkl. speziell beworbener Vorpremieren und zahlreichen Kopien. „Colombiana“ gehört ganz klar zur letzteren Gattung, wobei selbst die DVD Leihgebühr für diesen Film herausgeschmissenes Geld wäre. Doch offensichtlich reicht ein „großer Name“ wie Luc Besson (Autor, Produzent), um auch den uninspiriertesten Actionthriller einigermaßen vermarkten zu können. Dass Besson seit seinen frühen Erfolgen „Nikita“ und „Leon der Profi“ allenfalls mittelmäßige Werke hervorgebracht hat, sei hier nur als Randnotiz bemerkt.
Dank der Simplizität und Redundanz des Drehbuchs lässt sich die Geschichte des Films an dieser Stelle auch in nur wenigen Worten zusammenfassen. Im Alter von neun Jahren verliert die kleine Cataleya (im erwachsenen Alter gespielt von Zoe Saldana) ihre Eltern. Für ihren Mord ist der kolombianische Gangsterboss Don Luis verantwortlich. Cataleya gelingt es allerdings zu ihrem Onkel Emilio in die USA zu fliehen, wo dieser ihr selbstverständlich das Handwerk eines Profikillers beibringt. Denn Cataleya lebt seitdem nur noch für ein Ziel: die Rache an Don Luis und seinem Handlanger Marco.
Zugegeben: „Taken“, der letzte unterhaltsame Film, bei dem Besson seine Finger im Spiel hatte, besaß eine ähnlich simple Prämisse und doch machte er jede Menge Spaß. Dieser beinhaltete allerdings auch packende Action-Sequenzen, die einen durch ihre Wucht überraschten. Außerdem gab es knackige Dialoge und einen Helden, der Ausstrahlung und Glaubwürdigkeit vereinte. All dies geht „Colombiana“ völlig ab. Regisseur Olivier Megaton („Transporter 3“) inszeniert gerade die Action-Sequenzen derart dröge und vorhersehbar, dass hier keinerlei Spannungsmomente aufgebaut werden. Im Gegenteil: teilweise scheinen die Beteiligten nicht einmal die Grundelemente des Actionkinos zu beherrschen. So werden in Verfolgungsjagden Einstellungen aneinandergereiht, denen der Bezug zueinander völlig zu fehlen scheint und körperliche Auseinandersetzungen können lediglich durch die Nutzung einer Zeitrafferfunktion halbwegs dynamisch dargestellt werden. Hier wird auch dem Laien der schlechte Schnitt auffallen, der selbst in den Dialogszenen amateurhaft und unzusammenhängend wirkt.
Im Bezug auf das Drehbuch springt einen die mangelnde Motivation sich kreativ zu betätigen förmlich an. So rettet sich Cataleya aus brenzligen Situationen stets durch glückliche Zufälle, anstatt durch präzise Planung ihrer Taten und die Figuren um sie herum agieren dermaßen unglaubwürdig, dass es selbst für einen gradlinigen Action-Film lächerlich wirkt. Wenn ein angeblicher Profikiller mitten am Tag direkt vor einer Schule, vor der sich zahlreiche Kinder und Eltern versammelt haben, wahllos auf Passanten schießt, danach erst einmal fünf Minuten ein Gespräch weiter führt, um dann, während die Polizeiwagen bereits vorfahren, langsam gemütlich von dannen zieht, ohne dass ihn jemand behelligt (Zeugen, die Polizei?!?), kann man als Zuschauer lediglich mit dem Kopf schütteln. Derartige Szenen haben nichts mit kreativer Freiheit, sondern lediglich mit Faulheit zu tun.
Ganz im Stile der Achtziger sitzen kolumbianische Gangster übrigens stets in ihrer Millionen-Dollar Villa, tragen Bunte Hemden und trinken Whiskey. Währenddessen kommandieren sie nutzlose Bodyguards mit Maschinengewehren herum, die zwar jede Ecke des Anwesens bewachen, aber doch nur als Kanonenfutter für den jeweiligen Eindringling dienen. Wie gut, dass die Polizei im Gegenzug bereits im Jahre 2050 angekommen ist. Diese nutzt bei ihren Ermittlungen nämlich Technologien, die jeden CSI Agenten vor Neid erblassen lassen dürften. Achso, eine Liebegeschichte gibt es natürlich auch. Diese wird allerdings lediglich dafür genutzt, ein wenig Haut der Hauptdarstellerin zeigen zu können (wobei die Betonung auf „ein wenig“ liegt).
Was letztendlich übrig bleibt ist ein Film, bei dem allenfalls kurze Passagen gelungen sind, in denen Zoe Saldana sich mit ihrem beeindruckend beweglichen Körper durch enge Lüftungsschächte zwängt. Dabei denkt man allerdings mehr an eine Zirkusartistin, als an eine professionelle Killerin. Körperlich wirkte da selbst die 16-jährige Saoirse Ronan in Joe Wrights „Hanna“ um einiges glaubwürdiger.
by Thomas Zimmer