Filmwertung: |
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| 8/10 |
Viele kennen Keira Knightley aus den "Fluch der Karibik"-Filmen oder auch "Tatsächlich… Liebe", aber sie ist und bleibt die die Königin der Period Filme. Period Filme sind Kostüm- und Historienfilme, und davon hat Knightley schon Dutzende gedreht. Von "
Stolz und Vorurteil" bis hin zu "Abbitte", sie hat schon oft bewiesen, dass ihr in dem Genre keiner das Wasser reichen kann. In einem Interview hat sie gesagt, dass die Frau in Filmen, die in der Gegenwart spielen, "sehr oft vergewaltigt werden", des Weiteren findet sie Ehefrauenrollen sehr öde, daher versucht sie, diese Filme zu meiden. Sie findet, dass die besten Drehbücher, die sie zu lesen bekommt, stets in der Vergangenheit spielen und eine starke Frauenrolle besitzen. Und auch ihr neuester Film "Colette" ist ein Period Film und man kann sagen, dass auch dieser Film ein Erfolg auf ganzer Linie ist, mit einer glänzend aufspielenden Keira Knightley, die beweist, dass sie zu den besten ihres Fachs gehört.
Colette am Schreibtisch (Keira Knightley) © DCM
Die meisten kennen Regisseur Wash Westmoreland noch nicht, andere wiederum, die jedes Jahr das Oscarrennen verfolgen, wissen genau, wer er ist. Er hat in "Still Alice" Regie geführt und dabei Julianne Moore zu ihrem allerersten Oscar geholfen. "Colette" ist für ihn der nächste Schritt in der Entwicklung. Hatte "Still Alice" noch das Feeling eines TV-Films, so überzeugt "Colette" mit einer handwerklich einwandfreien Inszenierung, ohne viele Schwächen. Der Film sieht hochwertig aus, und auch die Kamera liefert schöne Bilder von der Landschaft ab. Auch am Drehbuch hat er mitgeschrieben, und dabei sogar eine bessere Arbeit geleistet. Das Skript hat Humor und Tiefe, dabei gelingt es ihm und den anderen Autoren, nicht nur Colette viel Freiraum zum Entwickeln zu geben, sondern auch Willy wird nicht vernachlässigt. Das Drehbuch gibt keine einfache Antwort auf die Frage, wer in ihrer Ehe Recht hat. Die Tatsache, dass es den Autoren gelingt, eine faszinierende Ehe zu beschreiben, ohne sich auf die Seite der Frau oder des Mannes zu stellen, macht den Film noch besser.
Die Famile Colette © DCM
Keira Knightley spielt Sidonie-Gabrielle Colette, die auf dem Land mit ihren Eltern lebt. Sie ist ein unschuldiges Mädchen, streng erzogen und führt einen einfachen Lifestyle. Dies ändert sich, als sie den älteren Willy heiratet, einen Schriftsteller, der in Paris lebt. Sie ziehen dorthin und ihr Leben ändert sich schlagartig. Mit Willy besucht sie fortan Partys, die gefüllt sind mit protzigen Intellektuellen, und sie fühlt sich nicht ganz wohl. Nach einiger Zeit läuft dann auch Willy's Geschäft nicht mehr so gut, und er überredet Colette, für ihn ein Buch zu schreiben. Dies tut sie auch und voila, ihr Werk über eine junge Dame namens Claudine wird ein Riesenerfolg. Doch nicht sie wird gefeiert, sondern Willy, der seinen Namen auf das Buch geklatscht hat. Er drängt sie, Sequels zu schreiben während er die Lorbeeren einheimst. Sie stellt sich die Frage, ob sie weiterhin Willy's Sklavin und Ehefrau bleiben möchte, oder ihren eigenen Weg soll. Keira Knightley gehört für mich zu den besten Schauspielerinnen Hollywoods, und das beweist sie mit ihre oscarreifen Performance in diesem Film. Die Entwicklung eines einfachen Landmädchens, das ihre eigene Stimme findet, wird von ihr mehr als nur überzeugend gespielt. Colette's kontinuierliche Entwicklung bedarf subtile Änderungen in ihrem Verhalten, und Knightley trifft jedes Mal den Nagel auf den Kopf. Man fiebert regelrecht mit ihr, sich von Willy zu befreien. Dieser wird verkörpert von Dominic West, den die meisten sicherlich von "The Wire" kennen. Ohne ihn wäre der Film nur halb so gut, denn die Chemie zwischen ihm und Knightley ist das Herz des Films. Er schafft es, dass man ihn an einigen Stellen des Films mag, weil er sich um Colette gut kümmert, und an anderen Stellen wiederum einfach nur hasst, weil er sehr egozentrisch rüberkommt. Der Rest der Besetzung ist überzeugend, es gibt keine Schwachstelle in der Darstellerriege. Der beste Nebendarsteller im Film ist die Stadt Paris, mit all seinen schönen Ecken und Kanten.
Colette (Keira Knightley) und Willy (Dominic West) © DCM
"Colette" ist ein unglaublich vielschichtiger Film. Der Streifen ist ein starkes Period Drama, ein Biopic über eine revolutionäre Feministin und eine clever geschriebene Charakterstudie über eine Frau, die langsam erkennt, dass sie sich schon viel zu lange unter Wert verkauft und beschließt, ihren eigenen Weg zu gehen. Der Film fängt etwas langsam an, nimmt aber Fahrt auf, als Willy Colette frägt, ob sie nicht ein Buch für ihn schreiben könne. Seine "Autorenfabrik" ist nämlich pleite und er braucht so schnell wie möglich Geld. Ab diesem Moment ist der Film ein Schlagabtausch der feinsten Sorte zwischen seinen zwei Hauptcharakteren. Wie schon zuvor erwähnt, ist die Chemie zwischen Knightley und West das Herzstück des Films. Die brillianten Dialoge sind dabei nur das i-Tüpfelchen. Die Dynamik zwischen den beiden ist der treibende Motor des Films. Willy genießt die Berühmtheit, die er dank den "Claudine"-Büchern erlangt, aber keiner weiß, dass sie eigentlich von Colette verfasst wurden. Die wiederum weiß genau, dass sie Willy in der Hand hat, da er auf sie angewiesen ist. Ohne sie gibt es keine Sequels. Doch immer wieder schafft es Willy, sie um den Finger zu wickeln und davon zu überzeugen, weitere Bücher zu schreiben. Als es dann aber Colette endlich gelingt, sich von Willy zu befreien, jubelten einige Damen im Publikum, was der Beweis dafür ist, wie wichtig dieser Film ist.
Fazit: Im Mittelteil gibt es einige Längen, da sich einiges wiederholt, doch das stört nicht besonders. Die technischen Aspekte des Films sind auch sehr überzeugend. Die pompösen Kostüme verdienen eine Oscarnominierung, die Kamera liefert wunderschöne Bilder von Paris und den umliegenden Landschaften ab, und auch der Score ist sehr gut gelungen. 'Colette' ist ein überzeugendes Biopic, mit stark aufspielenden Schauspielern und einem tollen Ende. Sollte jeder gesehen haben.
by Denizcan Sürücü