Cold War - Der Breitengrad der Liebe

Zimna wojna (2018), Polen / Frankreich / Großbritannien
Laufzeit: - FSK: 12 - Genre: Drama / Romanze
Kinostart Deutschland: - Verleih: Neue Visionen

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Cold War - Der Breitengrad der Liebe Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Während des polnischen Wiederaufbaus ist der begabte Komponist Wiktor auf der Suche nach traditionellen Melodien für ein neues Tanz- und Musik-Ensemble. Dem Kulturleben seines Landes möchte er so frisches Leben einhauchen. Unter seinen Studentinnen ist auch die Sängerin Zula, gleich im ersten Augenblick elektrisiert sie Wiktor. Schön, hinreißend und energiegeladen ist Zula schon bald der Mittelpunkt des Ensembles und die beiden verlieben sich ineinander. Ihre brennende Leidenschaft scheint keine Grenzen zu kennen. Doch als das Repertoire des Ensembles zunehmend politisiert wird, nutzt Wiktor einen Auftritt in Ostberlin, um in den Westen zu fliehen. Zula bleibt der verabredeten Flucht fern und doch führt das Schicksal die beiden Liebenden Jahre später erneut zueinander. Wiktor begegnet Zula in Paris, nur so flammend ihre Liebe, so zerrissen ist das Paar und Zula muss eine tiefgreifende Entscheidung treffen. Zwischen Heimat und Exil, zwischen Leidenschaft und Verlust sind Frankreich, Jugoslawien und Polen die Schauplätze der fatalen Liebe eines Paares, das vor dem Hintergrund des Kalten Krieges ohne einander nicht leben kann und miteinander fast keinen Frieden findet.

Joanna Kulig, Tomasz Kot und Agata Kulesza | mehr Cast & Crew


Cold War - Der Breitengrad der Liebe - Trailer




DVD und Blu-ray | Cold War - Der Breitengrad der Liebe

Blu-ray
Cold War - Der Breitengrad der Liebe Cold War - Der Breitengrad der Liebe
Blu-ray Start:
11.04.2019
FSK: 12 - Laufzeit: 89 min.
DVD
Cold War - Der Breitengrad der Liebe Cold War - Der Breitengrad der Liebe
DVD Start:
11.04.2019
FSK: 12 - Laufzeit: 89 min.

Filmkritik Cold War - Der Breitengrad der Liebe

Filmwertung: | 8/10


Nachdem Pawel Pawlikowski mit „Ida“ die Vergangenheit seines Heimatlandes Polen anhand der Geschichte einer jungen Nonne aufgearbeitet hat, portraitiert er mit seinem neuen Film „Cold War“ nun die schmerzhaft-leidenschaftliche Liebesgeschichte eines Komponisten und einer Sängerin erneut vor dem bedrückenden Hintergrund eines kriegsgebeutelten kommunistischen Polen. Wie auch schon bei seinem mehrfach ausgezeichneten und Oscar-gekrönten Filmkunstwerk „Ida“ glänzt Pawlikowski erneut mit betörend ästhetischen 4:3-Schwarzweiß-Bildkompositionen und atmosphärischer Inszenierung, die aus „Cold War“ einen Film machen, der regelrecht aus der Zeit gefallen zu sein scheint.

Dieser Film, der Ende der 40er Jahre beginnt und die tragische Geschichte zweier Liebender, die immer wieder auseinandergerissen werden über drei Jahrzehnte bis Mitte der 60er Jahre fragmentarisch erzählt, verschwendet wie auch „Ida“ keine Sekunde seiner gerade mal 85 Minuten Laufzeit. Mit größter ästhetischer und erzählerischer Präzision zeichnet Pawlikowski ein ungemein akkurates und detailreiches Historiendrama, das den Fokus auf seine beiden Protagonisten nie verliert. „Cold War“ ist ein Film vom Begehren, von Anziehungskraft und unterdrückter Leidenschaft, von verlorenen Seelen, die sich gegenseitig brauchen, um sich vollständig zu fühlen.

Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War
Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War © Neue Visionen
Inspiriert ist der Film vom Leben der beiden Eltern des seit den 70er Jahren in England lebenden Pawlikowski. Wiktor (Tomasz Kot) ist ein Komponist, der mit ein paar Kollegen von der neugegründeten kommunistischen Regierung beauftragt wird, traditionelle polnische Folklore-Lieder und -Tänze zu Ehren der Stalin-Herrschaft mit großem Aufwand neu zu adaptieren. Bei einem Casting für Sänger und Tänzer auf dem polnischen Land verliebt sich Wiktor in Zula (Joanna Kulig), die sich trotz ihrer provinziellen Herkunft direkt ebenfalls von dem linksorientierten Intellektuellen aus der Großstadt angezogen fühlt. Die Darbietungen der von Wiktor und Produzentin Irena (Agata Kulesza) geleiteten Gruppe erfahren großartige Resonanz und machen die Repräsentanten der Regierung, darunter den staatstreuen Anti-Semiten Kaczmarek (Borys Szyc), stolz.

Wiktor wird gefeiert, beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit der toughen Zula, die zum umjubelten Star aufsteigt. Doch Wiktor entfremdet sich zunehmend von der kommunistisch-autoritären Propaganda-Maschine und flieht bei der passenden Gelegenheit von Ost-Berlin in den Westen nach Paris, wo er zunächst in Jazz-Bars spielt. Wiktor wird zur staatenlosen Persona non grata, wodurch sich auch die Wege zur so ungleichen Zula immer wieder verlieren. Doch trotz aller Widerstände finden die unglücklich Verliebten immer wieder zueinander – wenn auch nur für scheinbar flüchtige Momente.

Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War
Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War © Neue Visionen
Was in den Händen weniger talentierter Filmemacher leicht zu einem kitschigen Melodram verkommen konnte, wird in den Händen von Pawlikowski zu echter Kunst: Er inszeniert den komplexen politischen und gesellschaftlichen Hintergrund mit nahezu beiläufiger, aber ungemein eingelebt wirkender und präziser Reichhaltigkeit. „Cold War“ erklärt die Hintergründe nicht, überhaupt verliert Pawlikowski auch nur wenige Worte. Die Themen sind groß, so etwa individuelle Freiheit im Angesicht autoritärer Repression, Pawlikowski agiert jedoch mit bemerkenswert elegantem Minimalismus und einer Unmenge Stilwillen, der nie aufgesetzt wirkt. Man kann sich in dieser dicht inszenierten Welt leicht verlieren.

Dass die tumultartige und gänzlich klischeefreie Liebesgeschichte zwischen diesen beiden überaus stark und gleichberechtigt gezeichneten Figuren so gut funktioniert, liegt dann auch an Pawlikowskis meisterhafter inszenatorischer Zurückhaltung und Klarheit. Entscheidend sind dann aber natürlich auch seine beiden wirklich faszinierenden Hauptdarsteller, deren charismatisches Auftreten und vielsagende Gesichter in Pawlikowskis kontrastreicher Schwarzweiß-Bildgestaltung unglaublich stark zur Geltung kommen – Kot und Kulig verkaufen mit ausdrucksstarken Blicken so viel mehr, als tausend Worte jemals sagen könnten. Pawlikowski gelingt mit dieser sprachlichen Ökonomie und visueller Ausdrucksstärke die Definition von purem, ungefiltertem Kino, unprätentiöse Magie in expressiven Bildern ohne jedes erzählerische Fett, universell trotz des für viele mit Sicherheit wenig bekannten und sperrigen Hintergrunds.

Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War
Tomasz Kot and Joanna Kulig in Cold War © Neue Visionen
Die elliptische Erzählweise mag so nicht für jeden einfach zugänglich sein, in seiner Kürze und all den flüchtigen Begegnungen wirkt „Cold War“ oft wie ein fieberhafter Traum voller Erinnerungsfetzen. Nur wenig baut Pawlikowski diese Beziehung zu Beginn auf und bleibt seiner minimalistischen Inszenierung treu, was sicher manche Zuschauer als distanziert empfinden können. Doch gerade diese Herangehensweise macht den Film auch wieder aus. Die formale Strenge der Bilder ist natürlich auch kein Selbstzweck in Anbetracht der geschilderten gesellschaftlichen Umstände, die die Figuren unterdrücken und festhalten. In einer Paris-Sequenz jedoch lassen Pawlikowski und sein Oscar-nominierter Kameramann Lukasz Zal etwas los, wenn Zula befreit zu Bill Haleys „Rock Around the Clock“ in entfesselten Handkamera-Bildern lostanzt.

„Ida“ war angesichts vieler ähnlicher Attribute und vergleichbarer Bildsprache ein nicht minder schwieriger und thematisch passend sperriger Film. „Cold War“ hingegen ist zwar sicher bei weitem nicht das luftig-leichte Gegenstück, doch das universelle Thema unerfüllte Liebe macht den bittersüßen Film trotz jeder Menge Schwermut zugänglicher und auf subtile und unsentimentale Weise bewegender. Der unbestreitbare Charme seiner Darsteller, tiefe Melancholie, gelegentlich lakonischer Humor (gerade durch den wunderbar trockenen Borys Szyc) und Momente echter Leidenschaft machen aus „Cold War“ einen fast unwiderstehlichen und zutiefst außergewöhnlichen Film, den man nicht verpassen sollte.

Fazit:
Pawel Pawlikowski liefert mit „Cold War“ nach „Ida“ ein weiteres filigranes Filmkunstwerk ab, das mit betörend präzisen Schwarzweiß-Bildkompositionen, einer enorm atmosphärischen Inszenierung und höchster inszenatorischer Eleganz begeistert. Pawlikowskis exquisite erzählerische wie inszenatorische Präzision sucht seinesgleichen, während die zeitlos tragische Liebesgeschichte von den beiden Hauptdarstellern Tomasz Kot und Joanna Kulig mit großer Ausdrucksstärke die Leinwand zum Flimmern bringt.
by Florian Hoffmann

Bilder © Neue Visionen