Filmkritik Captain Phillips
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Piraten, die Figuren aus den phantastischen Filmen, bringen eine gewisse Faszination mit sich. Doch in Zeiten der Globalisierung und politischen Ungerechtigkeiten werden sie zu einer realistischen Gefahr auf den Weltmeeren. Mit kleinen Booten und scheinbar primitiven Waffen kapern sich Fracht- und Handelsschiffe, um sich zu nehmen, was sie zum Leben brauchen. Vor allem in den Bereichen rund um den afrikanischen Staat Somalia ist die Piraterie stark verbreitet. 2009 wurde der erfahrende Kapitän Richard Phillips ein Opfer der Piraten, die sein Schiff besetzten und ihn als Geisel nahmen. Erst nach drei Tagen konnte Phillips aus den Händen der Piraten befreit werden, nicht zuletzt weil Präsident Obama den Zugriff persönlich anordnete.
Regisseur Paul Greengrass („The Bourne Ultimatum“) greift die Geschichte von Kapitän Philipps auf und inszeniert sie als beeindruckendes sowie erschreckendes Drama für die Kinoleinwand. Gemeinsam mit Tom Hanks in der Rolle des Kapitäns, betritt der Zuschauer das riesige Containerschiff „Maersk Alabama“. Im regen Alltagstrott werden die Arbeiten an Bord des 145 Meter langen und 25 Meter breiten Schiffes in Szene gesetzt. Das Meer ist ruhig und die Arbeiten gehen der routinierten Mannschaft leicht von der Hand. Doch mit dem Auftauchen von winzigen Schiffen im Radar, verschärft sich die Situation binnen von Minuten. Nachdem ein erster Angriff der Somalier verhindert werden konnte, macht sich die Mannschaft aufs Schlimmste gefasst. Und der erneute Angriff lässt nicht lange auf sich warten. Fassungslos sieht der Zuschauer mit an, wie ein kleines Boot an den Frachter anlegt und deren Besatzung trotz erneuten Abwehrmanöver von Kapitän Phillips und seiner Crew, das Containerschiff erklimmt. Der Notfallplan an Board wird durchgeführt, ohne Aussicht auf eine schnelle Rettung. Während sich die Mannschaft in Sicherheit bringen kann, stellt sich Phillips den Piraten entgegen.
Der zweifache Oscar-Preisträger Tom Hanks („Forrest Gump“) meistert seine Rolle als Kapitän souverän. Seine Angst vor einer blutigen Auseinandersetzung kann er in vielen Szenen anhand durch Mimik und Gestik nachvollziehbar zur Schau stellen. Rational versucht er Herr über die aussichtslose Lage zu werden, um letztendlich seine Hilflosigkeit anzuerkennen. Die mehrtätige Geiselnahme wird spannend inszeniert und wirft den Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle. Angst, Hilflosigkeit und ein Funken Hoffnung wechseln stetig und summieren sich in einem beklemmenden Gefühl, dem man sich nicht entziehen kann. Basierend aus den Erlebnisschilderungen des echten Kapitäns erlangt Hanks mit seiner Performance schauspielerische Meisterleistungen. Ebenso beeindruckend ist das Schauspieldebüt von Barkhad Abdi als Kontrahent Muse.
Die Abläufe an Board, vor allem die Kontaktaufnahme mit der USS-Marine gewährt dem Kinopublikum ein Blick hinter die Kulissen. Auch die Rettungsaktion ist gefährlich, faszinierend und packend zugleich inszeniert. Die Kameraarbeit unter der Leitung von Barry Ackroyd vereint malerische Panoramaaufnahmen mit erschreckenden Sequenzen in dem beengten Rettungsboot.
Trotz der Fokussierung auf die Rettung, lässt es sich der Film nicht nehmen, beide Seiten zu betrachten. Bevor die Piraten das Containerschiff in ihre Macht bringen, werden ihre Lebensverhältnisse aufgezeigt. Dadurch bekommt auch der Zuschauer die Chance, die motivierende Gründe für die Piraterie zu erkennen. Wenn die Piraten auf die Herrschaft von Kapitän Phillips treffen, kollidieren zwei Welten miteinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Fazit: Ein hochkarätiger Thriller, der menschliche Ängste und brutale Hilflosigkeit sowie den daraus resultierenden Handlungen rational betrachtet. Basierend auf einem wahren Ereignis, fesselt der Film von der ersten bis zur letzten Minute, mit einem fast dokumentarischen Stil.
by Sandy Kolbuch