Camille - verliebt nochmal!

Camille redouble (2012), Frankreich
Laufzeit: - FSK: 12 - Genre: Komödie / Drama
Kinostart Deutschland: - Verleih: Movienet

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Camille - verliebt nochmal! Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Camille hat es nicht leicht. Als Schauspielerin besetzt man sie nur in drittklassigen kleinen Rollen, und ihr Mann Eric hat sie nach 25 Jahren Ehe verlassen. Die erwachsene Tochter will Silvester nicht mehr mit Mama feiern. Aber Camille lässt sich nicht unterkriegen. Eric geigt sie die Meinung und vertreibt gekonnt einen potentiellen Käufer für die immer noch gemeinsame Wohnung. Und auch auf der Silvesterparty ihrer Freundin ist sie keine Frau von Traurigkeit. Nach der rauschenden Partynacht geschieht plötzlich etwas Seltsames: Camille wacht im Krankenhaus auf und ist zurück in der Vergangenheit. Man schreibt das Jahr 1985 und Camille steht noch ein Mal kurz vor ihrem 16. Geburtstag.

Noémie Lvovsky, Samir Guesmi und Judith Chemla | mehr Cast & Crew


Camille - verliebt nochmal! - Trailer


CAMILLE - VERLIEBT NOCHMAL! - Trailer


DVD und Blu-ray | Camille - verliebt nochmal!

DVD
Camille - verliebt nochmal! Camille - verliebt nochmal!
DVD Start:
21.02.2014
FSK: 12 - Laufzeit: 116 min.

Filmkritik Camille - verliebt nochmal!

Filmwertung: | 6/10


Camille, die Protagonistin von Noémie Lvovskys dritter Regiearbeit (die von der Regisseurin selbst gespielt wird), steht in einer Ahnenreihe mit den großen Träumern der Filmgeschichte, die sich durch ein überbordendes Maß an Phantasie eine Welt imaginierten, die als schillerndes Kehrbild zur grauen Realität fungierte und daran erinnerte, dass auch das Kino zu seinen Anfangszeiten nicht in erster Linie als Kunstform oder Spiegel galt, sondern als Traummaschine: Der junge Zeichner Stéphane aus Michel Gondrys „Science of Sleep“, der sich lieber vorstellt, mit seiner Traumfrau auf einem Stoffpferd davon zu reiten, anstatt sie auch in Wirklichkeit zu erobern. Cecilia aus Woody Allens „The Purple Rose of Cairo“, die sich zu Zeiten der Wirtschaftskrise der 30er Jahre vor ihrem tristen Alltag ins Kino flüchtet (wohin sonst?) und schließlich mit dem Helden eines kitschigen Abenteuer-Schmachtfetzens anbandelt, der gerade der Leinwand entstiegen ist. Der Filmvorführer Buster (Keaton), der buchstäblich in das Leinwandgeschehen eintaucht und als „Sherlock Junior“ einen realen Kriminalfall löst – wenn er auch einsehen muss, dass das, was auf der Leinwand passiert, auch genau dort bleibt. Der Schrifsteller Gil Pender aus Allens „Midnight in Paris“, der um Punkt Mitternacht von einem mysteriösen Wagen in das von ihm idealisierte Paris der 20er Jahre befördert wird – und sich dort von Ernest Hemingway höchstpersönlich bei seinem neuen Roman unter die Arme greifen lässt. Und schließlich der Musiklehrer Claude in René Clairs „Die Schönen der Nacht“, der solange in seiner Traumwelt lebt, bis sich die Dinge auch dort komplizieren – und er beschließt, nicht mehr zu träumen. All diese Figuren hatten über das Motiv des Eskapismus hinaus noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie alle landeten irgendwann zwangsläufig wieder in der Realität.

„Camille redouble“ (so der Originaltitel) überrascht zunächst mit einer Ernsthaftigkeit, die man in der neuen „französischen Erfolgskomödie“ so nicht erwartet hätte: Die Mittvierzigerin Camille wäre gern Schauspielerin geworden, leider hat sie es aber nur bis zum Mordopfer in drittklassigen Slasher-Filmen geschafft; ihre langjährige Ehe ist gerade endgültig zu Bruch gegangen; mit ihrer Tochter hat sie kaum noch Kontakt; und den plötzlichen Tod ihrer Mutter hat sie noch immer nicht überwunden. Den Frust über ihre – wie sie annimmt – gescheiterte Existenz ertränkt sie im Alkohol. Wie schön es doch wäre, noch einmal von vorn beginnen zu können und die im Laufe der Zeit gemachten Fehler zu revidieren! Camille wünscht sich nicht etwa in eine alternative Realität, sondern zurück in die Vergangenheit – an jenen Punkt, an dem sie Chance gehabt hätte, die Weichen für ihr späteres Leben anders zu stellen. Auf der Silvesterfeier einer Schulfreundin geht ihr Wunsch auf sonderbare Weise in Erfüllung: Nach einer Ohnmacht wacht sie im Krankenhaus auf und kann ihren Augen kaum trauen, als plötzlich – quicklebendig und so jung wie vor etwa 30 Jahren – ihre Eltern vor ihr stehen. Es ist 1985, Camille ist wieder 16 Jahre alt und durchlebt ihre Jugend noch einmal. Der Clou dabei: Sie selbst sieht sich nach wie vor als erwachsene Frau.

Ab hier ändert der Film seinen Tonfall: Noémie Lvovsky wirft die Realität endgültig über Bord und schildert in anekdotischer Erzählweise und bonbonbunten Farben Camilles Adoleszenz; wäre nicht immer noch Lvovsky selbst in der Hauptrolle zu sehen, man könnte von einem handelsüblichen Coming-of-Age-Film ausgehen: Es geht um Cliquenbildung, Ärger in der Schule und natürlich um Jungs. Für das philosophische Potential der Geschichte interessiert sich Lvovsky herzlich wenig und legt ihren Film fortan als locker-leichte, überdrehte und manchmal etwas banale „La Boum“-Hommage an, die nur ab und an zu ihrer Ausgangslage zurückkehrt; so vertraut sich Camille einem Lehrer an, um mit seiner Hilfe den Tod ihrer Mutter zu verhindern, von deren Hirn-Aneurysma noch niemand etwas weiß. Wenn Camille schließlich bewusst wird, dass sich manche Dinge – so schmerzhaft sie auch sein mögen – nicht ändern oder rückgängig machen lassen, dann ist das Lvovskys Zugeständnis an die Wirklichkeit. Der Rest ist zumindest so charmant, dass man ihm zu keiner Sekunde böse sein kann. Und dann gibt es auch noch ein freudiges Wiedersehen mit dem Truffaut-Recken Jean-Pierre Léaud in einer nicht ungewichtigen Nebenrolle. Nicht zuletzt das macht „Camille – Verliebt nochmal!“ zu einer der besseren französischen Komödien der letzten Zeit.
by Siegfried Bendix

Bilder © Movienet