Filmkritik Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Seit jeher ist Amerika als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten bekannt. Mit seinem 2009 veröffentlichten Roman „Brooklyn“ widmete sich Autor Colm Tóibín dem Schicksal vieler jungen Frauen, die Irland in den 1950er Jahren verlassen, um in Amerika eine bessere Zukunft zu erfahren.

Das für den Oscar 2016 nominierte Drehbuch zum Drama „Brooklyn - Eine Liebe zwischen den Welten“ verfasste Nick Hornby, der für die Verfilmung seines Romans „About a Boy oder: Der Tag der toten Ente“ Lob erntete und zuletzt mit der autobiografischen Geschichte „Der große Trip – Wild“ die Zuschauer ins Kino lockte. Im Fokus der Geschichte steht die junge Irin Eilis (Saorsie Ronan), die die Chance bekommt, nach Amerika auszuwandern, um dort ein besseres Leben zu führen. Der Abschied von ihrer Schwerster und ihrer Mutter fällt Eilis schwer, doch die Trennung soll nicht von langer Dauer sein. Von Heimweh geplagt, kann sich Eilis nur langsam in Amerika einleben. Erst als sie den italienischstämmigen Tony (Emory Cohen) kennenlernt, wendet sich alles zum Guten. In seiner Nähe kann Eilis das Heimweh überwinden und wächst zu einer sorgenfreien jungen Frau heran, die den amerikanischen Traum lebt. Doch das Schicksal durchkreuzt ihre Pläne, als sie eine traurige Nachricht aus der Heimat erhält. Notgedrungen muss Eilis dem neuen Zuhause den Rücken kehren und nach Irland reisen. Nach kurzer Wiedersehensfreude muss sie sich selbst eingestehen, dass sie in den vergangen Monaten zu einer Amerikanieren geworden ist, die Irland nun mit anderen Augen sieht. Auch die Bekanntschaft mit dem charmanten Jim (Domhnall Gleeson), der ihr einen Grund zum Bleiben in Aussicht stellt, kann ihre Entscheidung nicht dauerhaft beeinflussen.
Die gefühlvolle Geschichte wird durch gelungenen Wortwitz aufgelockert.

Trotz der emotionalen Tragweite wirkt der Film keinesfalls melodramatisch oder sentimental überladen. Die ausführliche Einführung der Charaktere bedingt den ruhigen Beginn des Films. Sobald Eilis in Amerika angekommen ist, beschleunigt sich das Erzähltempo und passt sich dem schnelllebigen Lebensstil des Landes an. John Crowley („Intermission“) inszeniert mit „Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten“ ein Drama, dass sich in der zweiten Hälfe zu einem gefühlvollen Romanze mausert. Die Dreiecksbeziehung zwischen Domhnall Gleeson („
Ex Machina“), Saorsie Ronan („Wer ist Hanna?“) und Emory Cohen („The Gambler“) entwickelt sich zusehends, bleibt aber auf einer sehr gediegenen Ebene stehen.
Das Zeitkolorit der fünfziger Jahre wird glaubhaft durch die Ausstattung der Sets eingefangen. Sowohl das einfache Leben in Eilis irische Heimat, als auch ihr neues Zuhause in Brooklyn sind atmosphärisch gestaltet und werden authentisch von Kameramann Yves Bélanger („Dallas Buyers Club“) eingefangen. Vor allem das Kaufhaus, in dem Eilis schnell eine Anstellung findet, ist stilsicher in Szene gesetzt. Die Illusion der fünfziger Jahre werden auch durch die stimmigen Kostüme von Dile Dicks-Mireaux („Bel Ami“) aufrecht erhalten. Die weiblichen Bewohner der Pension von Mrs. Keogh, amüsant gespielt von Julie Walters („Harry Potter“), zeichnen sich durch ein epochenspezifisches Verhalten aus. Saoirse Ronan („
Seelen“) verkörpert sehr authentisch die innere Zerrissenheit der schüchternen Irin Eilis.

Ihr zerrüttetes Seelenheil offenbart sich in schmerzhaft verzerrten Blicken und tränenüberfluteten Augen. Dank dieses sensiblen Schauspiels nimmt auch der Zuschauer das kränkende Verhalten von Eilis Umfeld wahr, das sie in ein Leben drängen will, das sie selbst nicht mehr führen will. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihrer Mutter wieder nahe zu sein, und dem schlechten Gewissen ihres in Amerika zurückgebliebenen Ehemannes, verliert sich zunächst Eilis selbst. Doch dann beginnt sie langsam, sich gegen den Wünschen und Meinungen ihrer Mutter und ihrer Freunde zu behaupten und ihr eigenes Leben zu fokussieren. Im Zuge der aufgewühlten Gefühle verliert sich die Thematik der Einwanderung recht schnell und macht der zauberhaften Liebesgeschichte von Eilis und Tony Platz. Nur am Rande schwingt stets der amerikanische Traum mit, der für Eilis zur Wirklichkeit wird.
Fazit: „Brooklyn – Liebe zwischen zwei Welten“ ist ein sehenswerter Liebesfilm, der durch die zauberhafte Saorsie Ronan und ihrem einfühlsamen Schauspiel getragen wird, für das sie zurecht eine Oscar-Nominierung erhalten hat.
by Sandy Kolbuch
Bilder © 20th Century Fox