Belfast

Belfast (2021), Großbritannien
Laufzeit: - FSK: 12 - Genre: Drama / Historienfilm
Kinostart Deutschland: - Verleih: Universal Pictures Intl.

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Inhalt

Sommer 1969 in der nordirischen Hauptstadt. Der neunjährige Buddy (Jude Hill), Sohn einer typischen Familie aus der Arbeiterklasse, liebt Kinobesuche, Matchbox-Autos und seine hingebungsvollen Großeltern, außerdem schwärmt er für eine seiner Mitschülerinnen. Doch als die gesellschaftspolitischen Spannungen in Belfast eskalieren und es sogar in der sonst so harmonischen Nachbarschaft zu Gewaltausbrüchen kommt, findet seine idyllische Kindheit ein jähes Ende. Und während sein in England arbeitender Vater und seine besorgte Mutter die Zukunft der Familie zu sichern versuchen, bleibt Buddy nichts anderes übrig, als langsam erwachsen zu werden – und trotzdem die Lebensfreude, das Lachen und seine von Film und Fernsehen beflügelte Fantasie nicht zu verlieren.

Caitriona Balfe, Judi Dench und Jamie Dornan | mehr Cast & Crew


Belfast - Trailer




Filmkritik Belfast

Filmwertung: | 7/10


Persönliche Filme sind momentan bei vielen hochklassigen Regisseuren äußerst beliebt. Ein Beispiel dafür wäre natürlich Paul Thomas Anderson, der erst kürzlich mit „Licorice Pizza“ einen Film über seinen Heimatort, das San Fernando Valley, gedreht hat, aber auch ein Paolo Sorrentino hat mit „The Hand of God“ letztes Jahr einen sehr intimen Film auf Netflix veröffentlicht. Nun erscheint Kenneth Branaghs „Belfast“, welcher von seiner Kindheit in der Hauptstadt Nordirlands handelt. In diesen packenden 98 Minuten lässt Branagh („Thor“) seine schönen und negativen Kindheitserinnerungen Revue passieren, jedoch bleibt es nicht nur dabei. So wundert es nicht, dass „Belfast“ mit sieben Oscar-Nominierungen belohnt wurde und sich außerdem große Chancen auf den begehrten Academy Award ausrechnen kann.

Judi Dench in Belfast
Judi Dench in Belfast © Focus Features
Die Handlung beginnt im Jahr 1969 und findet natürlich in Belfast statt. Buddy (Jude Hill) ist ein neunjähriger Junge aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Seine Familie besteht aus seinem Vater (Jamie Dornan), der nur alle zwei Wochen aus beruflichen Gründen nach Hause kommen kann, seiner Mutter (Caitriona Balfe) und seinem älteren Bruder Will (Lewis McAskie). Außerdem verbringt er viel Zeit mit seinen Großeltern Granny (Judi Dench) und Pop (Ciarán Hinds). Als der bürgerkriegsartige Nordirlandkonflikt zwischen den Protestanten und Katholiken losgetreten wird, endet das harmonische Dasein für die protestantische Familie. Dazu gesellen sich auch noch finanzielle Sorgen…

Direkt schon der Einstieg von „Belfast“ ist sehr gelungen, denn der Film beginnt mit einigen aktuellen Einstellungen der Stadt, welche sogar noch in Farbe sind. Dann schwebt die Kamera über eine Mauer, wodurch sich eine Straße eröffnet, die in Schwarz-weiß eingefangen ist. Diese Kamerabewegung über die Mauer lässt den Zuschauer in die Vergangenheit Branaghs blicken und ist direkt so prägnant, dass man diesen cleveren Kniff nicht mehr vergisst. Kurz darauf beginnt der Konflikt zwischen den Protestanten und Katholiken, da die Wohngegend von Buddy angegriffen wird. Bezüge zu heute werden klar, denn auch momentan werden Menschen aufgrund ihrer Religion immer noch ausgegrenzt oder vertrieben. Dennoch steht dieser Nordirlandkonflikt nicht im Vordergrund, sondern baut sich eher wie eine Naturgewalt über den gesamten Film auf, dessen Kraft am Ende entladen wird. Als Zuschauer bekommt man den Schrecken nur nebenbei mit, in dem unter anderem Buddy Geschehnisse im Fernsehen sieht. Dass dieser Konflikt nur im Hintergrund passiert, untermauert einen der besten Aspekte des Filmes. „Belfast“ ist nämlich aus den Augen eines Kindes erzählt.

Belfast: Jamie Dornan und Jude Hill
Belfast: Jamie Dornan und Jude Hill © Focus Features
Durch die Augen von Buddy erzählt Branagh den Film und damit erhält der Zuschauer einen faszinierenden Blick auf die Familiendynamik. Beispielsweise ist die Ehe der Eltern von Problemen geprägt, da eine große Angst vor Randalen herrscht und Geldsorgen ebenso existieren. Diese Probleme bekommt Buddy nur heimlich mit, in dem er sich versteckt und dies verstärkt auch die Authentizität des Filmes, weil man sich tatsächlich vorstellen kann, wie Branagh damals geheim die Schwierigkeiten mitgekriegt hat. Zwar darf man nicht jede Szene als autobiographisch betrachten, Branagh selber benennt „Belfast“ als „autofiktional“, aber sehr lebensnah wirkt diese Erzählweise nichtsdestotrotz. Natürlich steht und fällt dieses Erzählen mit den Schauspielern, die in diesem Fall wirklich überragend sind.

Im Mittelpunkt von „Belfast“ steht Jude Hill, der sein Schauspieldebüt nun in diesem autobiographisch geprägten Filmdrama feiert. Er setzte sich gegen 300 andere Kinderdarsteller durch und wenn man den Film gesehen hat, weiß man genau warum. Es sind gerade diese kleinen Momente, die richtig gut funktionieren. Wie sich Buddy zum ersten Mal verliebt oder durch seine Freundin Moira zufällig in eine Gang für Jugendliche rutscht, wirkt total authentisch und echt. Sein Schauspiel verstärkt diesen Realismus und seine erfahrenen Kollegen unterstützen ihn dabei. Caitriona Balfe („Le Mans 66 - Gegen jede Chance“) und Jamie Dornan („Fifty Shakes of Grey“) überzeugen als Ehepaar, doch ihnen wird trotzdem von den Großeltern die Show gestohlen. Sowohl Judi Dench („James Bond - Skyfall“) als auch „Game of Thrones“-Star Ciarán Hinds wurden mit einer Oscar-Nominierung belohnt und gerade Hinds ist in seiner Rolle als liebenswürdiger Opa Pop sehr emotional und mitfühlend. Für den gebürtigen Nordiren ist dies die erste Oscar-Nominierung im stolzen Alter von 69 Jahren und eine Auszeichung wäre in Anbetracht seiner gefühlvollen Darstellung durchaus angemessen.

Belfast: Caitriona Balfe und Jamie Dornan
Belfast: Caitriona Balfe und Jamie Dornan © Focus Features
Auch inszenatorisch kann man nur wenig kritisieren. Es gibt einige beeindruckende Einstellungen, die mithilfe einer Drohne gefilmt wurden, jedoch wird sich in den Dialogen voll auf das Gesicht der Darsteller konzentriert. Die klassische Schuss-Gegenschuss Technik findet dafür nur wenig Verwendung, bei Dialogen bleibt die Kamera immer wieder an dem Gesicht eines Schauspielers kleben, wodurch der Zuschauer seine Mimik genau betrachten kann. Wenn man „Belfast“ als persönlichen Film betrachtet, macht er nur wenig falsch. Einige Einstellungen sind zwar zu lang und die Handlung wird zudem etwas Träge erzählt, aber die wahrscheinlich größte Unannehmlichkeit ist das Fehlen eines klaren Plots. Es ist tatsächlich eher ein Einblick in die Kindheit Branaghs als ein Film, der mit einem klaren Handlungsbogen überzeugt. Darauf muss man sich einstellen können, um „Belfast“ zu genießen.

Fazit:
„Belfast“ fühlt sich an wie eine Erinnerung. Man taucht wirklich in die Kindheit von Kenneth Branagh ein und bekommt zudem einen authentischen Einblick in das Belfast der 60er und 70er Jahre. Es fehlt zwar etwas die klare Handlung und manche Figuren werden nicht ausreichend beleuchtet, doch wenn man diese Schwächen akzeptiert, kann man in diesem „autofiktionalen“ Film wahrlich versinken.
by Lukas Weinandy

Bilder © Universal Pictures Intl.