Filmkritik Assassins Creed
Filmwertung: |
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| 5/10 |
Die 2007 von Ubisoft ins Leben gerufene Computerspielserie „Assassin’s Creed“ gehört mit seinen zahlreichen sämtliche Konsolen überspannenden Ablegern zu den großen Erfolgsgeschichten der Gamesbranche.

So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Hollywood an der durch die Zeit springenden Action-Abenteuer rund um Assassine und Templerorden versuchen würde. Doch die Liste von kreativ oder finanziell gescheiterten Videospiel-Adaptionen ist lang – bis auf wenige leichte Ausnahmen darf behauptet werden, dass es noch keine rundum zufriedenstellende und erfolgreiche Games-Verfilmung gab. Als Ubisoft ihr eigenes Filmstudio ins Leben gerufenen haben und mit Justin Kurzel („Die Morde von Snowtown“, „Macbeth“) eines der derzeit interessantesten Film-Talente der letzten Jahre für die Regie ihrer mit 125 Millionen Dollar budgetierten „Assassin’s Creed“-Adaption verpflichtet hatten, schien die Chance groß, dass der Videospiel-Fluch endlich gebrochen wird. Umso aufregender wurde die Produktion durch seine hochkarätige Besetzung gemacht: Sowohl mit Michael Fassbender als auch Marion Cotillard konnte Kurzel seine beiden „Macbeth“-Protagonisten gewinnen, aber auch solche prestigeträchtigen Mimen wie Jeremy Irons, Brendan Gleeson oder Charlotte Rampling haben ihren Weg auf die Cast-Liste geschafft. Sowohl hinter als auch vor der Kamera waren folglich durch die Bank Top-Talente vereint, was sollte hier einer außergewöhnlichen Videospiel-Verfilmung noch im Wege stehen?
Die Antwort ist leider ein vermurkstes Drehbuch, dessen verworrene Erzählweise und oft schmerzhaft hölzernen Dialoge „Assassin’s Creed“ höchstens für Fans der Reihe zu einem zufriedenstellenden Erlebnis macht. Aber nochmal auf Anfang: Im Mittelpunkt der komplexen Handlung steht der zum Tode verurteilte Callum Lynch (Michael Fassbender), der von dem mysteriösen Unternehmen Abstergo Industries vor seiner Hinrichtung gerettet wird.

Ihm wird die Chance auf ein neues Leben angeboten, indem er eine von der Wissenschaftlerin Sophia Rikkin (Marion Cotillard) entwickelte revolutionäre Technologie namens Animus verwendet. Hierbei handelt es sich um eine Art fortschrittliches Virtual Reality-Programm, das sich direkt mit der DNA seines Nutzers verbindet. Dieses erlaubt es Callum, sich in das Spanien des 15. Jahrhunderts in den Körper seines entfernten Verwandten Aguilar de Nerha (auch Fassbender) zurückzuversetzen. Aguilar ist ein Assassin, der für einen geheimen Orden gegen die machthungrigen Templer für freien Willen kämpft. Der zunächst nur widerwillige Callum akzeptiert schließlich sein Schicksal und übernimmt durch die Verknüpfung mit dem Animus nach und nach die Fähigkeiten seines Vorfahren, durch die er sich schließlich auch in der Gegenwart gegen die Nachfahren des Templer-Ordens auflehnt.
Es ist schwierig den Plot von „Assassin’s Creed“ vernünftig zusammenzufassen, ohne völlige Verwirrung auszulösen. Doch tatsächlich funktioniert der gesamte Film auf diese Weise, er springt von einer Szene zur nächsten und scheitert daran, seine konfuse Handlung dem unvorbereiteten Zuschauer verständlich und nachvollziehbar zu vermitteln. Eine verwirrende Erzählweise ist eine Sache, doch zu keinem Zeitpunkt baut man eine tatsächliche Beziehung zu den dünn gezeichneten Figuren auf, wodurch eine emotional packende Erfahrung unmöglich erscheint. Man baut nie Sympathie zu den holzschnittartigen Charakteren auf, wodurch sich „Assassin’s Creed“ als erschreckend kühle und tatsächlich langweilige Angelegenheit herausstellt. Hilfreich sind dabei sicher nicht die todernst und enorm hölzernen Dialoge, die jeden Ansatz auf lebendige und glaubhafte Darstellungen der überaus talentierten Akteure ersticken lässt.
Das ist überaus schade, denn immer wieder wird deutlich, dass hier ein großes Talent hinter der Kamera sitzt, der mit seinem großartigen Stammkameramann Adam Arkapaw („True Detective“, „
The Light Between Oceans“) einen visuell fulminanten Film erschafft. „Assassin’s Creed“ ist wie Opium fürs Auge, das Spanien des 15. Jahrhunderts kommt hier enorm stimmungsvoll und eingelebt zur Geltung, die hervorragende und sehr aufwändige Ausstattung von Andy Nicholson („
Gravity“) und das Kostümdesign von Sammy Sheldon Differ („Black Hawk Down“, „Kick-Ass“, „Ex Machina“) überwältigen mit enormem Detailreichtum und spürbarer Realität. Arkapaws überwältigenden, farbintensiven und in diffuses Sonnenlicht getauchten Breitwand-Kompositionen erzeugen immer wieder ein aufregendes visuelles Erlebnis. Dazu gehören auch die zahlreichen in luftigen Höhen umhergleitenden Aufnahmen, die bei manchem Zuschauer gerade in Kombination mit dem 3D-Effekt für schwindelerregende Gefühle sorgen können. Auch in Sachen viszeraler und enorm kinetischer Action erweist sich „Assassin’s Creed“ als oft sehr gelungen und vor Energie berstend umgesetzt, gerade bei den epischen Schlachten und furiosen Verfolgungsjagden erinnert Kurzels Film oft an die einmalig dynamische und mitreißende Ästhetik, die Ridley Scott mit Filmen wie „Gladiator“, „Königreich der Himmel“ odr „Black Hawk Down“ geprägt hat. Dennoch hätte man sich auch hier – wie in so vielen anderen Actionfilmen der Gegenwart – einen weniger hektischen und rasanten Schnitt gewünscht, der bisweilen auch ermüdend und unübersichtlich wird.
Der Film funktioniert dennoch zweifelsohne in diesen puren mit spürbarem Aufwand umgesetzten filmischen Momenten am besten, die zudem von Jed Kurzels ohrenbetäubend donnerndem und markerschütterndem, wunderbar düsterem Score hervorragend und passend untermalt werden. Die Szenen in der Gegenwart, die jedoch von teils unfreiwillig komischen Dialogen gesäumt sind, erweisen sich schnell als luftleer und anstrengend.

Man schert sich schlichtweg nicht um die Figuren und irgendwann wirkt alles nur noch wie inhaltloses, hanebüchenes Getöse. Der zentrale MacGuffin des Films ist der sogenannte Apfel von Eden, ein machtvolles Artefakt, auf das es die Templer und ihre moderne Ausprägung Abstergo Industries abgesehen hat. Wie man immer wieder erfährt, „enthält der Apfel den genetischen Code für den freien Willen“ und soll schließlich alle Gewalt auf der Welt auslöschen (?). Fassbender, Cotillard & Co. sind exzellente Schauspieler, doch auch ihnen gelingt es nicht, solche Sätze wie „Der Apfel ist alles. Deine Mutter hat sich für ihn geopfert“ so aufzusagen, dass sie nicht zum Schmunzeln sind. Weitere Stilblüten wie ein Dialog zwischen Callum und seinem Vater lauten etwa „Du bist der Sohn deiner Mutter“ – „Was soll das bedeuten?“. Als Zuschauer bleibt man hier schlichtweg außen vor und kann sich nur an den Kopf fassen.
Fans, die mit der komplexen Mythologie der Spiele-Serie vertraut sind, können mit „Assassin’s Creed“ eventuell Spaß haben, für unvorbereitete Zuschauer wird der Film wahrscheinlich sehr schnell ermüdend sein. Das ist letztlich eine große Enttäuschung, denn mit besser (menschlich) gezeichneten Figuren und einem stimmigeren Drehbuch hätte „Assassin’s Creed“ die erste richtig gute Verfilmung eines Computerspiels sein können. So bleibt am Ende nur ein erschöpftes Schulterzucken.
Fazit: Trotz oft virtuoser, sehr ambitionierter und überaus bildgewaltiger Inszenierung ist „Assassin’s Creed“ dank eines hoffnungslos verworrenen, hölzernen und sich viel zu ernst nehmenden Drehbuchs eine große, leb- und freudlose Enttäuschung geworden. Fans der Serie können sich immerhin an der Treue zur Vorlage erfreuen.
by Florian Hoffmann
Bilder © 20th Century Fox