Filmkritik Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln
Filmwertung: |
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| 7/10 |
2010 schickte Tim Burton Mia Wasikowska als Alice Kingsleigh ins Wunderland. Das junge Mädchen flüchtete vor einer ungewollten Gegenwart und fand im Reich der Fantasie Freunde und Anerkennung. Doch musste sie auch eine düstere Bedrohung hemmen, um das Reich und ihre liebgewonnenen Weggefährten zu schützen. In der opulenten Fortsetzung „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ übernimmt Regisseur James Bobin („Muppets Most Wanted“) das Ruder.

Er setzt mit seinem farbenfrohen Fantasiefilm zehn Jahre nach den Geschehnissen von „
Alice im Wunderland“ ein. Die junge Alice ist mittlerweile erwachsen geworden und ist in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters getreten. Als Kapitänin besegelt sie die sieben Weltmeere, bis sie von Raupe Absolem (Stimme des verstorbenen Alan Rickman) einen Hilferuf aus dem Wunderland übermittelt bekommt. Durch einen Spiegel betritt sie das Reich und erfährt, dass ihr Freund, der verrückte Hutmacher (Johnny Depp), dem Tode nahe ist. Alice muss eine gefährliche Reise durch die Zeit machen, um herauszufinden, was einst mit der Familie des Hutmachers passierte. Während der abenteuerlichen Reise trifft sie auf bekannte Freunde, aber auch Feinde, die ihr nach dem Leben trachten.
James Bobin setzt die Geschichte fort, die auf dem zweiten, gleichnamigen Kinderbuchklassiker von Lewis Carrolls basiert. In opulenten Bildern wird das Wunderland fantastisch auf der Kinoleinwand erneut zum Leben erweckt. Alle bekannten Figuren finden sich in dem Abenteuer wieder. Erneut sorgt die egozentrische Rote Königin, galant gespielt von Helena Bonham Carter („Cinderella“), als Alices gefährliche Widersacherin für humorvolle Actionmomente. Diesmal taucht der Zuschauer gemeinsam mit der Titelfigur in die traumatische Vergangenheit der Roten Königin ein. Ihr gesamtes Wesen und ihre penetrante Art werden mit interessanten Hintergrundinformationen erläutert, wodurch der Figur diesmal die Sympathie der Zuschauer gewiss wird. Anne Hathaway („Plötzlich Prinzessin“) schlüpft erneut in die Rolle der Weißen Königin, die als Schwester der Roten Königin beteiligt an deren schweren Schicksal ist.

Sascha Baron Carter („Der Diktator“) erweitert das bekannte Darstellerensemble als Herr Zeit und verleiht der Geschichte eine nachdenkliche Ebene. Leider ist diesmal die Performance von Johnny Depp ebenso blass, wie sein Make up. Trotz der Wichtigkeit seiner Figur erscheint er als belanglose Nebenfigur, die im Großteil der Geschichte ausgespart wird, wobei sich der Film um seine Vergangenheit rankt.
Bobin orientiert sich bei dem Look des Films an die spektakuläre Welt, die Burton einst für den Vorfilm geschaffen hat. Skurrile Figuren vereinen sich in atemberaubenden Kulissen und liefern rein optisch Kinounterhaltung auf hohem Niveau. Handlungstechnisch fällt der Film jedoch trotz seiner zahlreichen Nebenhandlungsstränge weniger innovativ aus. Das Drehbuch aus der Feder von Linda Wollverton („Der König der Löwen“) ist darum bemüht, die bekannten Figuren mit einem Hintergrund auszustatten. Die Treue zur Originalvorlage steht Außen vor. Die Story konzentriert sich zu sehr auf die Vergangenheit, so dass die Gegenwart zu wenig Betrachtung erhält und die Geschichte zwischenzeitlich ins Stocken gerät. Auch die reale Welt von Alice mit all ihren konventionellen Problemen der Zeit, will nicht so recht zu ihrem phantastischen Abenteuer passen. Während Alice im Wunderland um die Rettung des Hutmachers bemüht ist, klären sich ihre Probleme in London scheinbar von selbst. Nach ihrer Rückkehr kann sie sich den Männern stellen, die sie zuvor aufgrund ihres Geschlechts nicht akzeptieren wollten.

Demnach durchläuft Alice im Wunderland (erneut) einem Reifeprozess, der dem Publikum jedoch verwehrt bleibt. Sieht man von den kleinen dramaturgischen Ungereimtheiten ab, dann ist „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ ein gelungener und vor allem detailverliebter Fantasyfilm, der die Phantasie anregt. Die Entdeckung der aberwitzigen Figuren macht großen Spaß, da eine Vielzahl neuer Charaktere in die Handlung verflochten ist. Der Look macht Spaß und auch der Humor kommt bei der gut besetzten Darbietung nicht zu kurz. Mit frechen Sprüchen necken sich die Figuren, die sich selbst nicht allzu ernst nehmen. Es wird sich gegenseitig bekriegt, aber auch zum Ende hin freundschaftlich in die Arme genommen. „Man kann die Vergangenheit nicht ändern. Sie war schon immer da“ heißt es im Finale. Doch für knapp zwei Stunden darf der Zuschauer dies vergessen und sich der farbenfrohen Illusion hingegen, die das sagenumwobene Wunderland auszeichnet.
Fazit: „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ ist ein wahrer Fantasyfilm, der mit skurrilen Figuren, einen unvergleichlichen Look und mit einer großen Portion Humor unterhält.
by Sandy Kolbuch