Filmwertung: |
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| 2/10 |
Der auf dem offiziellen Kinoplakat prangende Satz „Der neue Film der Autoren von ' The Hangover'“ sollte all denen als Warnung gelten, die nach Teil 3 der geradezu obszön erfolgreichen Trilogie – oder schon längst davor – genug haben vom ewiggleichen Topos um Parties, die aus dem Ruder laufen und die Tücken, die sie mit sich bringen. Denn genau darum geht es auch in „21 & Over“, dem Regiedebüt von Jon Lucas und Scott Moore, nur mit dem Unterschied, dass die Protagonisten diesmal keine ewig pubertären Erwachsenen sind, sondern Jugendliche auf der Suche nach einem Konzept für die Zeit nach der Adoleszenz. Und solange sie dieses noch nicht gefunden haben, saufen sie, feiern sie, haben zwar keinen Sex (sonst müsste man ihn ja zeigen), reden aber ständig darüber. Man könnte meinen, dass nach „Spring Breakers“, Harmony Korines aufreizend unkonventioneller Dekonstruktion eines Partyfilms, jeder weitere Beitrag zum Thema überflüssig wäre. Und man hätte vermutlich recht damit. Zumindest, wenn man damit „21 & Over“ meinen würde.
Der Titel verrät es schon: Es geht um die Aufbruchsstimmung nach dem 21. Geburtstag, jenem Tag, ab dem – zumindest in den USA – plötzlich alles erlaubt ist und deshalb alles möglich scheint. Im Mittelpunkt des Films stehen die drei College-Freunde Miller, Casey und Jeff Chang, die sich aufgrund der verschiedenen Lebenswege, die sie im Begriff sind einzuschlagen, allmählich voneinander entfremden. Jeff Chang wird zu seinem 21. Geburtstag von Casey und Miller überrascht, die unangemeldet vor seiner Tür stehen und ihn dazu überreden wollen, dieses „besondere Ereignis“ entsprechend zu feiern und die neuen Freiheiten – also im Wesentlichen Bar Hopping ohne Ärger mit dem Türsteher – auszukosten. Der Medizinstudent zögert zunächst, denn am nächsten Morgen hat er ein Vorstellungsgespräch, das sein strenger und auf absoluten Gehorsam pochender Vater (der ebenso wie Chang Asiat ist; Klischees sind schließlich dazu da, bedient zu werden) arrangiert hat. Auf „ein Bier“ einigen sie sich schließlich, und der Grund, weshalb dies in Anführungszeichen geschrieben steht, muss kaum weiter erläutert werden.
Fortan führen uns Lucas und Moore in eine Welt, in der nach Herzenslust gesabbert werden darf, wenn zwei Mädchen sich küssen, und nach Herzenslust gelacht, wenn zwei Jungs das Gleiche tun. Eine Welt, in der kein weibliches Wesen durchs Bild gehen darf, ohne dass ihre sekundären Geschlechtsmerkmale ausführlich thematisiert würden. Eine Welt, in der Kerle aufeinander aufpassen „wie eine Mutter ohne Titten“. Eine Welt der kalkulierten Entgleisungen, etwa das Kotzen in Slow Motion beim Bull Riding, die selbst dem prinzipientreuesten Hüter des guten Geschmacks im Jahre 2013 nur noch ein müdes Lächeln abringen dürften. All das kann man „politisch inkorrekt“ nennen, oder aber schlicht und einfach „dumm“.
Eine Komödie, die der Struktur eines Thrillers folgt, sollte „21 & Over“ sein. Nach dem vermeintlich finalen Besäufnis, das Jeff Chang den Filmriss seines Lebens beschert, haben Miller und Casey vergessen, wo Chang wohnt; damit beginnt das eigentliche Abenteuer des Films, eine Spurensuche, in deren Verlauf es die drei Freunde mit einer prügelnden College-Clique, einem wildgewordenen Stier und einer mysteriösen Vereinigung von sadomasochistisch veranlagten lateinamerikanischen Studentinnen zu tun kriegen. Doch „21 & Over“ erreicht zu keiner Zeit den kafkaesken Wahnsinn von Martin Scorseses verwegenem „Die Zeit nach Mitternacht“, auch nicht das pure Freiheitsgefühl von John Hughes' „Ferris macht blau“ und nicht einmal die Anflüge streitbarer Komik des ersten „Hangover“-Films. Eine Komödie, in der es wirklich rein gar nichts zu lachen gibt. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass es sich hier tatsächlich um die letzte Party handelt.
by Siegfried Bendix